Vogelausstellung 1978
Von Rudolf Neise 1979 Längst sind die Fahnen der Teilnehmerländer an der Euregio Sporthalle eingeholt und alle Spuren der 26. Vogelweltausstellung beseitigt. Die Besucher, die Züchter und ihre Tiere sind lange wieder in ihrer gewohnten Umgebung. In vielen Nestern wachsen schon die Jungvögel heran, die ihre Züchter bei der nächsten Weltausstellung 1979 in Breda / Holland zu Welt-meisterehren bringen sollen. Nun wird es Zeit einmal Bilanz zu ziehen. Friedel Quirmbach, späterer Präsident des Organisationskomitees, griff die Idee auf, besprach sich mit den Mitgliedern seines Vereins und als diese bereit waren, mitzumachen, wurde der Antrag bei der Confederation Ornithologique Mondiale (COM), dem Weltbund der Vogelzüchter, gestellt. Ein junges unerfahrenes Team in Sachen Weltausstellung sah sich Problemen gegenüber, die es zu lösen galt. Natürlich war man sich im Verein „Farbenpracht Bocholt“ darüber im Klaren, dass die ca. 30 Mitglieder allein die auf sie zukommenden Arbeiten nicht bewältigen könnten. Daher wurde bei anderen Bocholter Vogelzuchtvereinen um Mithilfe angefragt. Schließlich stellten sich die Vereine „Farbkanarien und Naturfreunde Bocholt“ und Edelroller 1911 Bocholt“ zur Verfügung. Aus diesen drei Vereinen wurden acht Mitglieder für die Ausstellungsleitung bestimmt. Dieses Komitee, an seiner Spitze Friedel Quirmbach, nahm drei Jahre vor Ausstellungsbeginn seine Arbeit auf. Zunächst galt es, Erfahrungen zu sammeln. Dazu wurden mehrere große Schauen besucht, um sich mit den Schwierigkeiten und allem, was von einer derartigen Großveranstaltung zu erwarten sein würde, vertraut zu machen. Dann mussten die Vorbereitungen für die Schau selbst getroffen, an jede Einzelheit gedacht werden. Eine besondere Schwierigkeit war die Raumfrage. Wo könnte man eine derartige Großveranstaltung durchführen? Dank des Entgegenkommens der Stadt Bocholt und der Leitung des Euregio Gymnasiums konnte die Euregio Turnhalle mit den Nebenräumen als Ausstellungsort gewonnen werden. Aller-dings wurde zur Auflage gemacht, die Halle mit Teppichboden auszulegen. Die vielen Besucher hätten den Fußboden ruiniert. Für drei Wochen musste der Sportunterricht des Euregio Gymnasiums umorganisiert werden. Teilweise wurde er in andere Hallen verlegt, was wiederum zusätzliche Buskosten verursachte und Einschränkungen an anderen Schulen bedingte. Da war die Frage der Unterbringung der auswärtigen Gäste. Für die Preisrichter und offiziellen Persönlichkeiten konnte das Europa Institut angemietet werden. Für weitere Gäste wurden sämtliche Hotelzimmer in und um Bocholt reserviert. Besonders zu den Wochenenden 28.-29. Januar und 4.-5. Februar erwartete man zahlreiche Besucher, weil da die Siegerehrungen bzw. die Auslieferung der Vögel zum Ausstellungsabschluss erfolgten. Zunächst hatte man daran gedacht, auf der Bahnstrecke Bocholt – Barlo am Stadtwald entlang Schlafwagen der Bundesbahn aufzustellen. Das wäre aber zu teuer geworden; deshalb appellierte die Ausstellungsleitung an die Bocholter Bevölkerung, Privatzimmer zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise konnten alle Unterbringungswünsche erfüllt werden. Sorgen bereitete auch die Unterbringung der Vögel selbst. Die Regale für die Käfige fertigte ein hiesiger Unternehmer nach Plänen der Schauleitung an. Nach den Bestimmungen der COM brauchen ausländische Teilnehmer für ihre Tiere die Schaukäfige nicht selbst zu stellen. Das bedeutete, dass etwa 5000 Käfige angekauft werden mussten, dazu Wasserbehälter, Futternäpfe und was sonst noch dazugehört. Das alles kostete natürlich eine Menge Geld, und von Seiten der Schauleitung war man sich darüber im Klaren, dass die Durchführung der Weltausstellung mit einem erheblichen finanziellen Risiko verbunden sein würde. Wusste man doch, dass die letzte Schau in Genua oder auch 1972 in München mit erheblichem Defizit abgeschlossen hatte. Gottlob bewahrheitete sich die Prognosen der Skeptiker nicht; dank einer guten Kalkulation mit sparsamer Haushaltsführung konnte ein abrutschen in die roten Zahlen vermieden werden. Insgesamt betrug der Gesamtumsatz etwa 300.000 DM. Die dreijährige Vorbereitungsarbeit wurde honoriert mit der Anmeldung von etwa 14.000 Vögeln. So etwas hatte es bisher noch nie gegeben, (in Genua waren es ca. 5.000 ). Es sollte eine Mammutschau, eine Schau der Superlative, werden. Jeder gemeldete Vogel wurde karteimäßig erfasst. Dabei gab es oft Schwierigkeiten, kamen die Tiere doch aus dem gesamten westeuropäischen Raum, dazu aus der Tschechoslowakei, aus Jugoslawien, sogar aus Brasilien und Venezuela. Da konnte es durchaus vorkommen, dass fremdländische Anschriften und Rassebezeichnungen nur mit Hilfe außenstehender Fachleute entziffert werden konnten. Am 19. Januar begann die Einlieferung der Vögel. Alles war vorbereitet. Teppichboden schützte den Hallenboden. Stellagen standen in gleichmäßigen Abständen in der Halle bereit zur Aufnahme der Käfige. Sand, Futter und was sonst noch benötigt wurde, stand in ausrei-chender Menge zur Verfügung. An langen Tischen saßen die Helfer, um die Käfige mit den Vögeln anzunehmen, zu registrieren und das Standgeld abzurechnen. Bis spät in der Nacht kamen immer neue Transporte an der Halle an. Drei Tage dauerte das Einliefern. In dieser Zeit war der Stress, den die Organisatoren zu ertragen hatten, am größten; gar mancher mag sich geschworen haben, nie wieder eine solche Schau mitzuorganisieren. Am späten Abend des 21. Januar war es dann geschafft. In sauberen Käfigen standen die Vögel gut mit allem versorgt in der Halle. Bis auf den letzten Platz waren die Stellagen gefüllt. Die Veranstalter konnten bis hierher zufrieden sein. An den nächsten drei Tagen wurden die Preisrichter tätig. Es waren insgesamt 120 aus allen der C O M angeschlossenen Nationen. Für die Gesangskanarien waren schallisolierte Kabinen hergerichtet worden, damit die Tiere nicht durch das Singen anderer Vögel abgelenkt oder die Preisrichter bei der Beurteilung gestört würden. An diesen drei Tagen hatten die Helfer wieder viel Arbeit. Die Vögel mussten zum Richten in ihren Käfigen den Preisrichtern zugetragen werden; den ganzen Tag waren etwa 70 Männer pausenlos damit beschäftigt. Am Abend des 24. Januar standen dann die Weltmeister und die Platzierten fest. Nicht in allen Schauklassen wurde der Titel vergeben, bedingt dadurch, dass zuwenig Konkurrenten vorhanden waren, oder weil eine Mindestpunktzahl nicht erreicht wurde. So dürfen sich von den etwa 120 Schauklassensiegern nur 93 Weltmeister nennen. Am 27. Januar 1978 öffnete die Ausstellung ihre Tore für die Besucher aus aller Welt. Auf dem Vorplatz der Halle wurden die Fahnen der 22 teilnehmenden Nationen gehisst. Oberbürgermeister Günter Hochgartz als Schirmherr der Schau würdigte in seiner Ansprache während der Eröffnungsfeier in der Aula des Euregio Gymnasiums die Arbeit der Ausstellungsleitung und der vielen Helfer. Mit Stolz wies er auf die Tatsache hin, dass Bocholt als kleinste Stadt, in der die Weltschau bisher ausgetragen wurde, die größte Weltausstellung beherbergte, die es jemals gegeben hatte. Auch der Präsident des Deutschen Kanarien Züchter Bundes, Hefele und der Präsident der C O M, van Roelen, fanden Worte der Anerkennung für die geleistete Arbeit. Sie lobten das ausgestellte Tiermaterial und bedankten sich für das Entgegenkommen der Stadt Bocholt bzw. der Leitung des Euregio Gymnasiums, ohne das die Weltausstellung nicht hätte durchgeführt werden können. Zehn Tage war die Schau nun für die öffentlichkeit frei. In der Eingangshalle fiel der Blick des Besuchers auf die Präparatesammlung, die als Dekoration und zur Information aufgestellt war. An einem Bankschalter konnten ausländische Währungen gewechselt und andere Geldgeschäfte getätigt werden. Die Bundespost hatte für die Ausstellung einen Sonderstempel herausgebracht, an einem Schalter konnten Ersttagsbriefe mit diesem Stempel erworben werden. Von den Tribünen bot sich dem Betrachter ein imposantes Bild. Die Halle war mit Blumen und grünen Sträuchern geschmückt. An den Seiten säumten Verkaufsstände den riesigen Raum. In den Gängen zwischen den Stellagen drängten sich die Besucher, blieben vor den Käfigen fachsimpelnd oder betrachtend stehen, oder ließen sich weitertreiben in dem schier endlos erscheinenden Strom. Das Gros der ausgestellten Vögel machten die Farbkanarien mit etwa 5.000 Tieren aus. Dann folgten die Gesangskanarien mit ca. 3.600 Vögeln. Besonderes Interesse bei den meisten Besuchern fanden natürlich die Papageien, die Exoten und auch die Gestaltskanarien, die allein mit etwa 20 verschiedenen Rassen vertreten waren. Manche von ihnen lösten beim Betrachter Kopfschütteln oder gar Missfallen aus, wegen der manchmal etwas seltsamen Haltung, oder bizarren Form. So vergingen die Tage bis zur Ehrung der Weltmeister im Parkhaus der Stadt Bocholt und eine Woche Später, die Ehrung der Deutschen Meister im Zeltbau des Ausstellungsgeländes. Am 5.2.1978 wurden morgens zum letzten Mal die Fahnen der C O M angeschlossenen Nationen gehisst. Um 14.00 Uhr schloss die Ausstellung und die Ausgabe der Vögel begann. Wer da meint, die Arbeit sei nun getan, der täuscht sich gewaltig. Wochen der Nachbereitung folgten. Vögel, Siegerurkunden, Medaillen und Kataloge wurden noch verschickt. Immer wieder mussten Nachfragen beantwortet, Karten und Briefe geschrieben, Rechnungen bezahlt und überweisungen getätigt werden. Gern wurden diese Arbeiten erledigt, denn sie waren einkalkuliert in dem großen Rahmen „Weltausstellung“. Resümierend ist noch zu sagen, dass etwa 40.000 zahlende Besucher in den Tagen zwischen dem 27. Januar und 5. Februar gezählt wurden. Den Schulklassen Bocholts hatte man freien Eintritt angeboten; 150 Lehrer nahmen die Gelegenheit zum Besuch der Ausstellung wahr. In Verbindung mit der Weltausstellung ist der gute Name unserer Stadt über Rundfunk und Fernsehen in alle Welt hinausgetragen worden. In dieser Zeit war Bocholt das Mekka der Vogelzüchter aus aller Welt. Manche alte Bekanntschaft wurde erneuert, manche fachliche Begegnung führte zu persönlicher Kontaktaufnahme. Das Bemühen unserer Stadt als Gemeinde Europas völkerverbindend zu wirken, kam sicherlich auch in diesen Tagen besonders zum Ausdruck. Die bei der Ausrichtergemeinschaft eingegangenen schriftlichen und fernmündlichen Reaktionen aus dem In- und Ausland waren voll des Lobes über die 26. Weltvogelausstellung, insbesondere aber über die aufgeschlossene und allen Besuchern gegenüber gastfreundliche Stadt Bocholt. Insofern hatte die 26. Vogelweltausstellung über alle sachlichen und emotionalen Aspekte hinaus ihre ganz besondere Bedeutung. Ein ganz herzlicher Dank ging daher an alle, die an der Verwirklichung der Ausstellung beteiligt waren, besonders aber an den Rat und die Verwaltung unserer Stadt, die Geschäftswelt und die Bürger. Sie alle haben schon zeitig den völkerverbindenden Charakter einer Weltausstellung erkannt und ihre Hilfe angeboten. Die Ausrichtergemeinschaft freute sich, dass sie helfen durfte, den guten Namen unserer Stadt den Züchterfreunden und den Besuchern aus aller Welt zu präsentieren. In alten Unterlagen gefunden und geschrieben um sie für die Nachwelt zu erhalten. |
Teilnehmerliste: |
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Preisträgerverzeichnis der Schau 1978 |
Positurkanarien: |
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Farbkanarien: |
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Mischlinge: |
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Exoten: |
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Waldvögel: | Beste Leistung für B. Duve aus Dorsten mit 90 Punkten |
Zebrafinken: |
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Wellensittiche: |
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Großsittiche: |
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Jugendgruppe: |
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